1. Helsinki - Stockholm
Helsinki - Dragesviken
Samstag 9. Juli. Am Morgen kommt Jörg von der SANTANA zu einem kleinen Plausch zu uns ans Boot. Dann
legen wir bei herrlichem Sonnenschein ab, fahren um die Festungsinsel Suomenlinna und schauen nochmal
zurück auf die Skyline von Helsinki, schön war es hier. Unter Motor gegen den Wind geht es weiter zum
Leuchtfeuer Harmaja. Von weitem sehen wir eine dunkle Wand auf uns zukommen und kurze Zeit später
herrscht dichtester Nebel mit Sichtweite unter 30m. Der Adrenalinpegel schnellt in die Höhe. Bernd
reduziert die Geschwindigkeit, schaltet die Positionslichter ein und legt das Nebelhorn bereit.
Irgendein großes Schiff an steuerbord gibt mehrmals Signal. Uns scheint es weit genug entfernt zu sein.
Wir queren eine Wasserstraße unter lautem Blasen des Nebelhorns. Dank GPS Kartenplotter ist eine solche
Situation heute nicht mehr so schlimm, wie zur Zeit der Papierkarten, ein mulmiges Gefühl bleibt trotzdem.
Eine Stunde später lichtet sich der Nebel etwas, wird dann nochmals dichter um sich gegen Mittag im
Sonnenschein aufzulösen. Um Grimsholm ist wieder herrliche Sicht. 15:00 Uhr liegen wir in Dragesviken an
einer Heckboje fest. Wir erleben noch Hafenkino, als das nachbarliche Motorboot die Heckleine in die
Schraube bekommt. Eine nette Familie aus Helsinki hatte einfach mal Pech gehabt.
Rundhöcker werden die hervorstehenden Felsen aus anstehendem Gestein genannt, die von den Gletschermassen
der Eiszeit abgeschliffen wurden. Als Inseln heißen sie Schäre oder Holm und Finnland hat mit 180.000
Inseln reichlich davon. Diese Schärenlandschaft wird für die nächsten Wochen unser Revier sein.
Dragesviken - Hanko
Sonntag 10. Juli. Als um sechs Uhr der Wecker klingelt ist draußen wieder dichter Nebel, nach Ansicht des
Skippers nur Morgennebel. Eva möchte mit der Abfahrt noch warten bis sich die Sicht bessert, Bernd will
los, weil die Tagesetappe sehr lang ist. Gegen 7 Uhr ergibt sich folgender Dialog. B: "Wir müssen eine
Entscheidung treffen, wollen wir bei dem Nebel fahren?", E: "Was machst du denn wenn ich Nein sage",
B:"Dann leg ich mich wieder hin", E:"Nein, ich möchte jetzt nicht fahren", B: "Klar zum Ablegen!".
Dann geht es los, im Blindflug, sehr langsam. Wir fahren nach Kartenplotter und hangeln uns von Boje zu
Boje, die erst wenige Meter vor uns aus dem Nebel auftaucht. Als sich 10 Uhr der Nebel
immer noch nicht gelichtet hat, gesteht der Skipper seinen Morgennebel-Irrtum ein und wir steuern einen
Liegeplatz an. Alles ist belegt, also geht es weiter. Gegen 11 Uhr lichtet sich der Nebel und die Sonne
scheint. Mittags gleiten wir bei herrlichem Wetter durch den Barösund und sind von der Landschaft angetan.
Am Spätnachmittag bewölkt sich der Himmel, der Wind frischt auf 5-6Bft auf. Nach 11 Stunden Fahrt legen
wir in Hanko an. Dann gibt es den Höhepunkt: 74€ Hafengeld! Irgendeine Segelregatta wäre heute gewesen,
deshalb der doppelte Preis. So abwechslungsreich kann ein Segel-Tag sein. Irgendwo auf der heutigen Etappe
haben wir die halbe Strecke des diesjährigen Törns überschritten.
Hanko (9.700 Einwohner) ist die südlichste Stadt Finnlands. Wahrzeichen ist der weithin sichtbare Wasserturm
neben der orthodoxen Kirche. Ende des 19. Jahrhunderts war Hanko ein Seebad für die russische Oberschicht,
wovon noch einige Villen zeugen. Beim Stadtrundgang fragt Eva eine junge Frau in der Touristeninformation nach
den teuren Lebensumständen in Finnland. Sie meint, dass die Gehälter recht gut sind, so dass man das Leben managen
kann, wenn nicht hilft die Regierung. Ins Restaurant geht man: "not daily, only one's a week". Sie empfiehlt
uns, bei ALAN's Café einzukehren. Guter Tipp, im Garten hinter dem Holzhaus setzen wir uns zu Kaffee und
Blaubeerkuchen.
Hanko - Kasnäs
Dienstag 11. Juli. In Helsinki hatte uns ein finnischer Segler vom "nicest place" seines Landes erzählt,
den wir unbedingt anlaufen sollten: Högsåra. Dieser Ort ist unser heutiges Ziel. Am Morgen in der Koje hören
wir das Pfeifen des Windes in den Wanten. 6 Bft aus West sind angekündigt und da bleibt man lieber im sicheren
Hafen, aber wir wollen weiter. Es ist sonnig und als der Wind etwas nachlässt legen wir ab.
In Kolonne mit vielen finnischen Seglern kommen wir gut voran, Richtung Nordwesten können wir sogar ein
Stück segeln. Als wir in Högsåra angekommen sind die wenigen Liegeplätze belegt. Wir fahren 2 sm zurück
nach Kasnäs. 14:30 Uhr liegen wir fest. Innerhalb kürzester Zeit füllt sich der Hafen komplett. Es ist
Ferienzeit in Finnland.
Kasnäs ist eine "Wohlfühlmarina" gelegen in idyllischer Landschaft. Wir genießen den Aufenthalt in der
finnischen Sauna, die hier zum Standardservice der Marinas gehört.
Kasnäs - Korpoström
Donnerstag 14. Juli. Freitag soll es stürmen mit Wind aus Nord. Auf der Suche nach einem gut geschützten
Hafen fällt die Wahl auf Korpoström, welches am südlichen Rand der Insel Kyrklandet liegt.
Bei Sonnenschein und 4 Bft Westwind geht es los, vorbei an Högsåra. Wir segeln, wenn die Wasserstraße
nicht gerade gegen den Wind verläuft. Am Killingholm geht es backbord in den Norrsund nach Korpoström.
Beim Anlegen mit Heckboje brauchen wir diesmal vier Versuche. Am nächsten Tag Dauerregen. Der angekündigte
Sturm bleibt aus.
Korpoström - Kökar
Samstag 16. Juli. Der Sturm hatte anderswo gewütet und nachts kamen die Wellen, die uns am Liegeplatz
zusetzten. Es war es eine sehr unruhige Nacht. Starkes Einrucken der Vorleinen und quietschen der Fender
an den Nachbarschiffen. Am Morgen waren wir froh, weiterfahren zu können. Sonnenschein aber reichlich
Wind auf die Nase. Als wir unseren Kurs von West nach Südwest ändern dreht sich der Wind mit. Also Fahrt
unter Motor zum Hafen Sandvik an der Nordseite der Insel Kökar.
Im Hafen angekommen sehen wir nur eine freie Boje. Bei 20kn Seitenwind verpassen wir die Festmacherboje
in Luv. Der Wind drückt uns auf die Ecke des T-Steges. Zum Glück stehen Helfer am Steg, die das Boot
abgehalten haben. Am Ende musste der Skipper ins Wasser und zur Heckboje schwimmen.
Kökar - Mariehamn
Sonntag 17. Juli. Wir haben den Schären-Blues und können uns nicht recht entscheiden, wegen des Wetters
heute oder erst morgen weiterzufahren. Am Ende plädiert Eva für die Weiterfahrt. Als wir aus der Abdeckung
der Insel kommen, steht eine recht hohe Welle an. Der Bug kracht in die Wellentäler, Gischt schäumt auf.
In den Schären um Föglö beruhigt sich die See wieder. Bei der Routenplanung hatten wir uns beide unabhängig
voneinander für die südliche Wasserstraße (Tiefe 2,40m) durch die Inselgruppe entschieden. Und beide hatten
wir übersehen, dass am Ende des Weges eine Brücke mit Durchfahrtshöhe 5,30m steht. 14:00 Uhr stehen wir vor
der Brücke. Es ist eine feststehende Brücke ohne die Möglichkeit zum Öffnen. Wir schauen uns an und müssen
einen Umweg von 23sm, reichlich 4 Stunden Fahrtzeit, akzeptieren. Die Ankunftszeit in Mariehamn liegt jetzt
bei 22:00 Uhr. Also geht es etwa 6 sm zurück und durch den Sund östlich von Algersö zur nördlichen Wasserstraße
(Tiefe 1,80m). Vorbei an Degerby und durch den Föglöfjörden zur Südspitze von Lemland. Hier nehmen wir einen
Weg durch eng betonntes Fahrwasser. Die Sonne steht tief im Westen und so kann man kaum erkennen, ob es sich
um Nord-, Südtonnen handelt weil hier die Topzeichen an den Kardinaltonnen fehlen. Wir verlassen uns auf die
Seekarte und alles geht gut. Als wir die Viermastbark POMMERN im Westhafen von Mariehamn sehen zieht von Südwesten
eine dunkle Regenwolke auf und als wir kurz vor 22:00 Uhr im Westhafen anlegen beginnt es sintflutartig zu regnen.
So werden wir am Ende noch einmal richtig nass aber das Anlegemanöver klappt diesmal gut und als wir fest
liegen hört der Regen auf. Der Westhafen liegt direkt hinter einem großen Fährterminal. Beim Anlegertrank
sehen wir die großen Fähren ein- und auslaufen.
Mariehamn
Vom Westhafen laufen wir durch eine schattige Parkanlage zur St. Georgs-Kirche. Im Garten der Kirche
trinken wir Kaffee. Die Sonne scheint. Unser Weg führt weiter an vielen alten restaurierten Holzhäusern
vorbei. Wir kommen über die belebte Einkaufsmeile zum Osthafen und schauen eine Weile dem Treiben im
Hafen zu. Die Stimmung ist wunderbar entspannt. Wir entscheiden uns, die Umgebung ein wenig näher zu
erkunden. Mit dem Bus fahren wir nach Eckerö. Wir laufen einen Naturpfad entlang des Schärenufers
und entdecken den kleinen Yachthafen Käringsund. Hier kommen wir ins Gespräch mit einem holländischen Paar,
das schon viele Male von Holland zu den finnischen Schären gesegelt ist und erhalten ein paar Tipps für
unsere Fahrt nach Stockholm. Wir besuchen noch kurz das Post- und Zollhaus. Im 19. Jhd. wurde die Post
von Schweden über das Meer nach Eckerö gerudert und weiter bis nach St. Petersburg gebracht. Als Seeleute
hat man dafür auch Bauern zwangsrekrutiert.
Ein weiterer Ausflug führt uns zum mittelalterlichen Schloss Kastelholm. Die Schlossanlage erscheint uns
sehr nüchtern ohne jeglichen Prunk aber neben dem Schloss befindet sich das Freiluftmuseum Jan Karlsgården.
Eine Auswahl an åländischen Gebäuden soll das Dorfleben von damals veranschaulichen, junge Leute in
Trachten verrichten Handwerksarbeiten nach alter Tradition. Wir entdecken auch hier einen kleinen sehr
schön gelegenen Gästehafen.
Allabendlich auf der Impuls schauen wir dem Betrieb an den großen Fährterminals zu. Es ist Vollmond und
fast bis Mitternacht hell.
Åland (29.000 Einwohner) ist eine autonome finnische Region. Sie ist einsprachig schwedisch, mit
eigener Regierung, eigener Flagge, eigenen Briefmarken, Nummernschildern und eigener Internetdomain ("ax").
Hauptstadt ist Mariehamn ("Mariahafen"), benannt nach der 1824 in Darmstadt geborenen Maria Alexandrowna,
der Gemahlin von Zar Alexander II.
Mariehamn - Furusund
Donnerstag 21. Juli. Der sonnige Morgen mit lauem Wind aus Nord verspricht einen entspannten Segeltag von
Mariehamn in den Schärengarten vor Stockholm. Eine knappe Stunde nach dem Ablegen liegen die finnischen
Schären hinter uns. Das Vorsegel zieht uns mit 4 kn Richtung Schweden. Bernd bemerkt, dass es auch mal
wieder schön ist, nicht auf Wasserstraßen oder Tiefe achten zu müssen, einfach nur zu segeln.
Als der Wind nachlässt setzen wir noch das Großsegel. Keine 10 Minuten später geht der Wind auf 6 Bft.
Die Gischt der Wellen peitscht über die Impuls. Wir reffen die Segel und kommen nun sehr schnell voran.
Gegen 15:00 Uhr sind wir in den schwedischen Schären, die Wellen werden flacher. Große Fähren überholen
uns und kommen uns entgegen. Dazu noch zahlreiche andere Segler, Motorboote und sogar Paddler bewegen
sich um uns herum. Bald kommen wir in die Abdeckung größerer Schären. Hier lässt der Wind spürbar nach.
Wir segeln bis Furusund. Der Hafen sieht voll aus aber wir haben Glück. Ein Hafenmeister zeigt auf einen
Platz hinter dem Schwimmsteg. Wir legen problemlos an. Glück bedeutet heute auch, dass wir hinter dem Steg
liegen, am Außensteg schaukeln die Boote durch starken Schwell ständig auf und ab.
Furusund - Stockholm
Freitag 22. Juli. Morgens in Furusund ist es spürbar wärmer als in Mariehamn. Eva meint, dass jetzt der
Sommer beginnt. Der Tag beschert uns 36 sm Traumsegeln nach Stockholm. Die Schären in Schweden erscheinen
uns belebter als die in Finnland.
Am Nachmittag fahren wir auf die Festung Vaxholm zu. Sie wurde im 16. Jahrhundert während der
Regierungszeit von Gustav Wasa zur Bewachung Stockholms von der Seeseite her errichtet. Es sind
unglaublich viele Boote unterwegs. Vaxholm ist ein beliebtes Ausflugsziel der Stockholmer, da sich hier
die meisten Fährlinien des Stockholmer Schärengebietes kreuzen. Eva steuert die Impuls durch das Gewusel
und Bernd fotografiert. Bald danach sind wir in Stockholm. Am Kai fahren wir an vier Kreuzfahrschiffen
vorbei. Auf der Insel gegenüber liegt Gröna Lunds Tivoli, Stockholms Vergnügungspark. Gleich dahinter
befindet sich der Wasahafen. Schon am Außensteg liegen die Boote im Päckchen. Bernd fährt in den Hafen,
der sehr wenig Manövrierraum lässt. Wir finden keinen Platz hier, leider, und fahren ein Stück zurück
in den Navishamnen. Wir zahlen knapp 40€ Hafengeld pro Tag für den Liegeplatz. Als Sanitäranlage müssen
sich Männlein und Weiblein zwei Duschen und zwei Toiletten teilen, zur Morgentoilette ist anstehen
angesagt. Aber was soll es, wir sind in Stockholm.
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