Es gibt ein Bleiben im Gehen, ein Gewinnen im Verlieren, im Ende einen Neuanfang.
(Volksweisheit)








Stehende Mastroute Lemmer - Delfzijl


Anfang Juni wollen wir die "Impuls" in die Ostsee überführen und im Sommer die südliche Ostseeküste erkunden. Der erste Teil der Reise wird von Muiderzand nach Hamburg führen. Für diesen Abschnitt gibt es verschiedene Optionen. Bernd hat die Route durch Friesland über Delfzijl, Borkum nach Norderney geplant. Den weiteren Weg müssen wir nach den Gegebenheiten später festlegen. Otto, Bernds langjähriger Segelfreund, begleitet uns auf dem Törn. Am Samstag, den 06. Juni, fahren wir zu dritt mit einem Fernbus mit zwiespältigen Gefühlen nach Muiderzand. Wehmütig denken wir an den Abschied von Holland und erwartungsfroh sehen wir unserem Törn entgegen. Den letzten Abend in der Marina feiern wir mit Ellis & Roy auf der "Étanche". Geschenke werden ausgetauscht. Wir klönen bis tief in die Nacht. Roy hat sich den kleinen Zeh gebrochen und kann uns bei unserer Abfahrt nicht eskortieren.

Muiderzand - Enkhuizen - Lemmer

Sonntag, 07. Juni. Wie bestellt startet der Tag mit Sonnenschein und wolkenlosem Himmel. Wir füllen den Wassertank und melden uns im Havenkantoor ab. Dann umarmen wir Ellis & Roy. Bevor die Augen sichtbar feucht werden heißt es "Leinen los". Wir winken uns zu bis zur Hafenausfahrt und segeln durch das Markermeer. Nach dem "Paard van Marken" nimmt der Wind zu und wir reffen die Segel. Ursprünglich wollten wir in Enkhuizen anlegen, aber die Bedingungen sind zu gut, wir segeln weiter. Bei 5Bft mit 6kn Fahrt kommen wir zügig voran, bald zeigt sich der im Bau befindliche riesige Windpark. Wir passieren die Schleuse Lemmer und zwei Brücken weiter finden wir einen freien Liegeplatz im Stadthafen. Alle freuen sich auf die legendären Spareribs im "Cafe Central" aber wir werden enttäuscht: keine Spareribs mehr auf der Speisekarte. Das Gericht wird einfach nicht mehr angeboten, sagt der Kellner, wir sagen schade. Schließlich finden wir Spareribs in einem anderen Lokal - aber nicht sonderlich schmackhaft. Zurück an Bord gibt es noch einen Absacker, wir denken an den gestrigen Abend und reden über den nächsten Tag.

Lemmer - Leeuwarden

Frühstück gibt es an Deck. Vor uns liegt die Fahrt durch mehrere Kanäle, es wird mehr motort als gesegelt. Mit der ersten Brückenöffnung verlassen wir Lemmer und kommen über den Streamkanaal in das Grutte Brekken. Im Frisokanal geht es vorbei am Sneekermeer. Wir kennen den Landstrich von unserem Frieslandtörn. In uns ist Freude darüber, was wir in Holland alles erlebt haben. Der Tag bleibt sonnig, windig und sehr kalt. Am Nachmittag legen wir in Leeuwarden in De Nieuwe Jachthaven an. Unsere Windfahne ist verlorengegangen! Wir müssen wohl mit dem Masttop einen Baum gestreift haben. Der Weg zur Altstadt ist weit, wir laufen 45 min durch Industriegelände und Siedlungen. Das erste historische Gebäude, an dem wir vorbeikommen ist das Waaghaus "De Waag". Nebenan kaufen wir Graskaas. Das Wahrzeichen der Stadt, der unvollendete Kirchturm "Oldehove" steht ziemlich schief weil während der Bauzeit Ende des 15. Jahrhundert das Fundament absackte. Der Bau wurde eingestellt, die dazugehörige Kirche abgerissen. Bis heute steht der Turm als Baudenkmal auf einem großen freien Platz, der den Umrissen der Kirche entsprechen könnte. Wir laufen weiter durch die Stadt und erfreuen uns an den prächtigen Giebeln und den vielen restaurierten historischen Gebäuden. An den Grachten und Plätzen laden Restaurants und Kaffees zum verweilen ein, sind aber spärlich besucht, vielleicht wegen des kalten Wetters. Wir gehen zurück zum Schiff und verbringen den Abend an Bord.
Leeuwarden ist Verwaltungssitz der Provinz Friesland mit über 100.000 Einwohnern. Seit dem 16. Jahrhundert ist sie Residenzstadt des Statthalters der Provinz. Ein sehr bekannter Statthalter war Johann Wilhelm Friso von Nassau-Dietz, dem nach seinem Tode 1711 seine Witwe Marie Luise von Hessen-Kassel (Marijke Meu, dt. Tante Maria) nachfolgte. Der Künstler und Grafiker M. C. Escher (1898–1972) wurde in L. geboren.

Leeuwarden - Dokkum - JH De Waterwolf

Hoch Xenia hat sich vor Irland eingenistet und wird stärker. An der Ostflanke des Hochs weht von Nordwesten Polarluft zu uns. Wir fahren auf dem Van Harinxma Kanaal durch Leeuwarden und passieren dabei 11 Brücken. Wir kommen nur sehr langsam voran und haben Zeit zu schauen. An der Hermesbrug entrichten wir den Brückenzoll in einem an der Angel befestigten Holzschuh. Weiter geht es auf der Dokkumer Ee, einem Wiesenbach, der sich durch typisch friesländische Wiesenlandschaft und einigen Gehöften windet. Dem Klischee entsprechend geht es an sehr gut erhaltenen Windmühlen vorbei und schließlich nach Dokkum. Hier pulsiert das Leben am Kanal, leider finden wir keinen Platz zu Anlegen. Über das Dokkumerdiep kommen wir in den NP Lauwersmeer und können tatsächlich für kurze Zeit das Vorsegel setzen. Als wir zur Lammersburen Schutsluis kommen zeigt die Ampel rotes Licht, es bewegt sich heute nichts mehr. So bleibt uns die Einfahrt nach Groningen versperrt und wir legen im kleinen JH De Waterwolf an. Der Hafenmeister ist sehr freundlich und verrät uns vor der Bezahlung, das insbesondere die Duschen sehr einfach sind. Endlich gibt es ein verdientes Anlegerbier, später Pasta mit Lachs.

JH De Waterwolf - Groningen - Delfzijl

Der letzte Tag auf Kanälen beschert uns eine Panoramafahrt auf dem Reitdiep. Vor der alten Universitätsstadt Groningen müssen wir am Jachthaven Reitdiep einen Zwischenstopp einlegen weil die Brücken zur Mittagszeit geschlossen bleiben. In Fahrt durch die Stadt lassen wir uns einfangen von der belebten Uferpromenade mit den gut erhaltenen Altbauten und wieder sind alle Liegeplätze besetzt. Hinter der Stadt fahren wir auf dem Emskanal weiter der schnurgerade nach Delfzijl führt. Hier begegnet man schon mal größeren Pötten. In der Seeschleuse Delfzijl haben wir Probleme mit böigem Wind. Der Bug wird an an die Schleusenwand gedrückt, das Heck wandert aus. Nachdem wir im JH "Nautilus" angelegt haben gehen wir in die Stadt, die wie ausgestorben wirkt. Zu Abend essen wir sehr schmackhaft im "Grandcafe 't Lokaal", einer ehemaligen Turnhalle, die sehr gelungen zu einer rustikalen Brauerei mit Lokal umgebaut wurde. Hier bekommt der Skipper endlich seine leckeren Spareribs. Am Abend an Bord nehmen wir Abschied von Holland. Gerade auf unserem aktuellen Weg haben wir gespürt, dass wir nur einen kleinen Teil unseres Nachbarlandes kennen gelernt haben und das es noch so viel mehr zu sehen, zu erleben und zu erkunden gibt. Wir haben uns in den Niederlanden sehr wohl gefühlt, nicht zuletzt dank unserer Freunde Ellis und Roy.


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