"Und plötzlich weißt du: Es ist Zeit, etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen."
(Meister Eckhart 1260-1328)







Bootskauf Muiderzand 2013

Als wir die Lebensmitte überschritten hatten begann Bernd über unser späteres Leben nachzudenken. In regelmäßigen Abständen wurde Eva gefragt: wie siehst Du Dich in 10 Jahren. Eva hatte lange keine Antwort auf diese Frage. Aber als wir im Sommer 1995 mit Freunden an der französischen Mittelmeerküste segelten prägte sich ein Bild im Kopf ein. Im Yachthafen Antibes saß eine ältere Frau vor ihrem Segelboot und putze Gemüse. Der Rumpf des Bootes war dunkelblau, ebenso wie das T-Shirt, das ihren sportlichen, gebräunten Körper in der Abendsonne bedeckte. Das volle ergrauende Haar war am Hinterkopf zum Zopf gebunden. Mit ihrer geraden Körperhaltung und der Konzentration auf ihr Tun strahlte sie Ruhe aus, jemand, der mit sich selbst im Reinen ist. Im diesem Moment sagte Eva zu Bernd: Ich könnte mir vorstellen, mit Dir längere Zeit auf einem Schiff zu leben. Der Gedanke zog uns mehr und mehr in seinen Bann. Wir vereinbarten mit unseren Arbeitgebern Altersteilzeit und schließlich kam für jeden von uns der letzte Arbeitstag und die Entscheidung: Wir kaufen uns ein Boot.

Wir kaufen uns ein Schiff

Viel Ahnung von Booten haben wir nicht. Viel Geld auch nicht. Eine Gebrauchtyacht sollte es sein, nicht viel älter als 10 Jahre und hochseetüchtig. Groß genug, um mehrere Wochen darauf zu leben und klein genug um sie mit 2 Personen sicher handhaben zu können. Es folgten lang andauernde Recherchen im Internet. Im Sommer 2013 besuchten wir die Yachting Company Muiderzand. Die Schiffe standen aufgepallt an Land. Eines fiel uns sofort auf, der Bootsname ließ uns stehen bleiben und genauer hinsehen. Die Außenansicht und der Rumpf wurden begutachtet, dann ließen wir uns den Schlüssel für den Innenraum geben. Der Salon, die Bug- und Achterkabine, Kartentisch, Bad und Pantry - alles wirkte sehr gepflegt. Wir wurden ganz still, dann sagte Bernd: Eva wenn wir das nicht nehmen, dann wollen wir kein Boot. Eva stimmte zu und wir lächelten beide.


Der Makler erklärte uns, das die Schiffe mit einem "Vraagprijs" (Fragpreis), dem Wunschpreis des Verkäufers, angeboten werden. Der Käufer kann ein Angebot nach seinen Vorstellungen abgeben. Dieses Angebot ist verbindlich für den Käufer, stimmt der Verkäufer dem zu, ist der Kauf zustande gekommen. Wir fahren erst einmal nach Hause. Per Email geben wir ein Angebot ab und bessern noch einmal nach. Dann erhalten wir eine Antwort vom Makler mit dem Satz: "Wir haben nochmal lange geredet mit dem Eigner aber doch endlich können wir Ihnen gratulieren mit ein schönes neues Schiff!". Jetzt gabs kein zurück mehr: wir waren Bootseigner geworden. Alles war perfekt, nur Freude und Glücksgefühle kamen nicht auf, eher eine erwartungsvolle Spannung und Zweifel, ob das wirklich die richtige Entscheidung war. Am 05. August mittags sollen wir unser Schiff in der Marina Muiderzand übernehmen. Der Tag ist sonnig und sehr warm. Unser Schiff liegt im Wasser, an der Reling ein Schild "Sold to Germany". Wir sind etwas stolz, das Wagnis kann beginnen. Schließlich sitzen wir den ersten Abend auf unserem eigenen Boot. Einige Passanten gratulieren uns neuen Eignern zum Schiff. Abends fallen wir ins Bett und finden todmüde lange keinen Schlaf. Blitze erhellen die Nacht, Regen trommelt aufs Dach und die Fallen schlagen laut gegen den Mast. Wir vermissen ein bisschen Euphorie. Am nächsten Tag gehen wir zum Hafenmeister wegen des notwendigen Liegeplatzes. Wir dürfen uns einen der freien Plätze aussuchen und wählen den Platz H62. Dann die erste Fahrt vom Verkaufshafen zum Liegeplatz. Wir müssen noch viel lernen. Ab- und Anlegen mit einer 2er Crew ist gar nicht so einfach. Neben dem Hafenbüro ist der Yachtausstatter Georg Kniest. Wir kaufen die ersten Ausrüstungs-gegenstände: zwei Rettungswesten, Sicherungsleinen, Kugelfender, Geschirr und schon sind wir wieder ein paar Hundert Euro los. Am Wochenende belebt sich der Steg. Die Eigner und Familien der Nachbarboote kommen an Bord. Überall wird Gepäck und Einkauf transportiert und die Boote werden geputzt. Man grüßt sich freundlich zunickend und ruft "feine dag". Wir stellen uns bei unseren Bootsnachbarn vor. Die "Étanche" ist baugleich zur "Impuls", auch 10 Jahre alt, hat aber ein Rollgroß und ein Bugstrahlruder. Eigner sind Ellis und Roy aus Maarsen. An Bord ist auch der Chesapeake Bay Retriever Nanschee. Roy spricht sehr gut deutsch, das hilft uns beim Smalltalk. Aber die beiden bleiben zunächst freundlich zurückhaltend.


Tonne 13

An den Wochenenden sind wir in Muiderzand. Das Leben auf dem Boot hat sich schnell eingespielt und es macht uns genauso viel Spaß, wie wir uns das vorgestellt haben. Wir vermissen nichts, fühlen uns wohl auf unserer "Impuls" und in der Marina. Das Hafenkino, der Wind in den Wanten, die Rauchschwalben und Haubentaucher, die vorbeiziehenden Wolken und natürlich die Sonnenuntergänge, all das bietet reichlich Abwechslung. Bei gutem Wetter fahren wir raus. Nach Tonne 13 ist das Wasser außerhalb der Wasserstraße tief genug, so dass wir sie hier in nördlicher Richtung verlassen können. Dann gibt es Segelunterricht. Es werden zahlreiche Wenden und Halsen gefahren, Eva ist Vorschoter und Bernd steuert, dann wird gewechselt. Für Eva sind die Manöver bei Wind und Welle immer wieder eine Herausforderung. Mittlerweile gelingt es ihr aber gut, das Schiff im Wind zu steuern wenn das Großsegel gesetzt und eingeholt wird. Ein kleiner Törn führt uns noch nach Muiden. Hier soll die Yacht von Königin Beatrix der Niederlande, "Groene Draeck" (Grüner Drache) liegen. Wir bekommen sie aber nicht zu Gesicht. In der Marina Muiderzand ist am 31.10. Saisonende, unsere Impuls wird winterfest gemacht und bleibt im Wasser liegen. Bei den Aktionen zur Winterfestmachung bekommen wir nützliche Ratschläge von Roy. Ellis und Roy wollen im Winter auch nach unserem Boot schauen. Das gibt uns ein gutes Gefühl und wir sind dankbar.



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